Im Schatten der Traditionen

Heute Morgen war ein Mann aus Ambalavao zu Besuch auf der Baustelle. Er fragte, ob er auch Permakultur machen könnte, ob wir ihn unterstützen. Ich willige ein, am nächsten Tag zu Besuch zu kommen.

Es dauert keine fünf Minuten, da habe ich einen Spaten in der Hand. An einer Kaffee-Pflanzung zeige ich praktisch, wie mit einem Rohr, oder in diesem Fall mit drei alten Plastikflaschen, der Baum in die Tiefe gewässert werden kann. So verdunstet das Wasser nicht, und die Wurzeln suchen das Wasser in der Tiefe.

Der Süden des Landes – kahl geschlagen für die Viehzucht!

Oberflächig gegossene Bäume bilden das Wurzelwerk an der Oberfläche – wo es schnell austrocknet. In die Tiefe gegossen aber finden die Wurzeln schnell ihren Weg nach unten und sind so auch bald in den feuchten Erdschichten, wo sie keine weitere Bewässerung mehr brauchen. Zwanzig Liter giessen wir so in etwa einen Meter tiefe. Dann gehen wir seine Felder anschauen.

Harte, ausgetrocknete Erde erwartet mich, am Rande der Reisfelder, welche von einer weiter entfernt liegenden Quelle gespeisst werden. Das gleiche Bild wie immer.

Der Mann hat eine Baumschule, und so schlage ich einen Tausch vor. Wir Finanzieren ihm und seinem Freund den Bau ihrer ersten Permakulturanlagen, dafür produzieren sie uns 5000 Bäume. Ich kaufe die Töpfe, sie müssen die Arbeit machen. So bekommen wir unsere Bäume und sie ihre Anlagen. Wir müssen kein zusätzliches Budget aufbringen und haben eine neue „Front eröffnet“. Damit sind wir dann offiziell im Süden Madagaskars aktiv. Mal sehen, ob es klappt.

Da sich Francois, so heisst der Mann, gut mit Bäumen auskennt, kommen wir ins Gespräch über Baumsaat. Er hat einige Ideen, welche Bäume denn gute gehen könnten. Und im Verlaufe des Gesprächs stellt sich heraus, dass sie eine Bauernorganisation haben, die dreissig Hektar Land betreut auch einen kleinen Naturwald schützt. Wir planen, das Land zu bewalden, sobald die Regenzeit beginnt.

Im Schutz der alten Tradition finden wir neue Wege.

Sollte unsere Arbeit ein Erfolg werden, können wir evtl. das ganze Dorf auf Permakultur umstellen. Das wären mehrere hundert Hektar Land, Wald, Terrassenanlagen und Waldgärten. Ein grüner Punkt inmitten der roten, trockenen Landschaft. Wir werden sehen.

Nun aber gehe ich nach Rano Mafana, dort nehme ich mir Zeit für mich und für die Dokumentation des Projekts. Koko bearbeitet Filme, ich schreibe diesen Bericht, mache den Newsletter und gemeinsam entsteht die Idee eines neuen Kommunikationskonzepts. Viele Leute in Europa wollen sich engagieren, Ihnen fehlt aber die Zeit, volle Verantwortung zu tragen. So können wir ja die Aufgaben in kleiner Arbeitspakete aufteilen. Hier findest du das Ergebniss: Werde aktiv!

Desweiteren arbeiten wir an einem fünf-Jahresplan. Wir haben Menschen, denen die Idee gefällt und hart arbeiten. Wir haben ein erfolgsversprechendes Konzept. Nun gilt es, dieses zu stärken und wachsen zu lassen.

Nach drei Tagen kommen die Studenten. Sie haben selbstständig die restlichen Bauernhöfe weiter gebaut und kommen nun für einen gemeinsamen Abschluss nach Rano Mafana. Wieder ist es mit gelungen, eine schöne Bungalowanlage zu mieten. Nach all der Arbeit habe sie sich etwas Luxus verdient. Die Bungalows haben fliessendes, warmes Wasser. Gute Betten und sogar Glasfenster. Sie sind aus schönem Holz und auch die Küche, in der wir kochen können, ist inspirierend. Die Kochstellen haben einen Rauchabzug, und so gibt es keinen Rauch in der Küche.

Dazu muss man wissen, dass in Afrika allgemein in den Häusern mit offenem Feuer gekocht wird. Häufig ist das Holz nass und so ist eines der grössten Gesundheitsprobleme afrikanischer Frauen das Kochfeuer, welches zu Lungenproblemen führt.

Ab in den Urwald!

Rano Mafana ist grün, mitten in einem Nationalpark. Gemeinsam gehen wir in den Park und lernen, „wie Gott pflanzt“. Haben Bill Mollison und David Holmgreen die Permakultur anhand von Wäldern entwickelt, so können auch wir im Wald die Zusammenhänge verstehen. Herabfallende Blätter und Äste bilden das Futter für das Bodenleben, welche den Humus aufbauen. Die Wurzeln halten die Erde. Wasser sickert ein und bildet Grundwasser. Immer ist es feucht und Kühl im Wald. Immer wieder halten wir an, die Studenten fragen neugierig, und oftmals diskutieren sie untereinander. Es sind Details, kleine Momente. Und doch – erfolgreiche Entwicklungshilfe ist es dann, wenn sich etwas im Bewusstsein der Menschen tut. Grosse Programme und Infrastrukturen helfen nur bedingt, sind gar manchmal schädlich. Je nach dem, was sie mit dem Bewusstsein tun. Vieles verkommt einfach wieder. Weil nur die Dinge, nicht aber der Geist, das nötige Verständniss vermittelt wurde.

Unsere Studentengruppe am Ende unserer 7-Wöchigen gemeinsamen Zeit!

Am letzten Tag gehen wir in ein Aboretum. Einer der Jungs fängt an Samen einer Palme zu sammeln. Die anderen tun es ihm nach. Lebhaft diskutieren wir das Potential von Forstwirtschaft – ein Konzept, dass ihnen eher fremd ist. Nur alleine der Gedanke, Bäume auswachsen zu lassen, wird als interessante Neuheit aufgenommen. Auch das durchforsten, also das fällen junger Bäume um den Bestand auszudünnen, ist ihnen neu. In Zentraleuropa eine Selbstverständlichkeit, in Madagaskar eine Innovation. In dem Aboretum finden sich auch über fünfzig neuer Arten und Sorten von Früchten. Wir finden eine reife Frucht, die keiner von uns kennt. Sie schmeckt vorzüglich und wir nehmen die Samen mit. Auch finden wir hunderte Sämlinge von Citrusfrüchten. Wir jäten sie aus dem Gras und nehmen sie mit. Der Funken ist übergesprungen. Sie haben verstanden, worum es geht.

Wir weissen Menschen werden auch als „Lang-Nasen“ bezeichnet… hahaha… Gemeinsam bestaunen wir die Wunder der Natur.

Wir finden die Frucht, welche uns so gut geschmeckt hat, und kaufen für jede Region ein Exemplar. Auch Jacaburtica finden wir, eine Frucht aus Brasilien, welche die Blüten und Früchte am Stamm entwickelt. Eine ausländische Organisation hat einst den Park angelegt und die neuen Arten eingeführt. Nun verbreiten sie sich. Thomas Jefferson hat einmal gesagt: „Den grössten Dienst, den du einer Nation erweisen kannst ist es, ihr eine neue Kulturpflanze zu bringen!“

So ziehen wir nach Hause, mit einem bisschen Zukunft in der Hand… 😉

So kehrt das ganze Team reich an neuen Inspirationen, Saatgut und Pflanzen zurück in die Heimat. Mögen die Samen aufgehen und die Ideen Fuss fassen auf „nosy mena“ – der roten Insel.

Eines Tages werden wir von Nosy Maintso sprechen, einer paradiesischen grünen Insel inmitten des indischen Ozeans.

Abspann:

Das Projekt wurde in sechs Jahren in freiwilligem Engagement entwickelt und aufgebaut. Für Fünf Missionen haben ich fast drei Jahre in Madagaskar verbracht. Auch in Europa gab es viel zu tun. Für das Spenden-Sammeln, oder modern „Fundraising“, bauen wir auf ehrenamtliches Engagement. Schon jetzt gibt es ein fleissiges Team, welches die verschiedenen Aufgaben gemeinsam meistert. Und wir können noch gut Verstärkung gebrauchen.

Ich werde noch für eine Zeit die Einsätze vor Ort leiten, da ich nun viel Erfahrung habe, die Menschen gut kenne und ihre Sprache spreche. Ziel ist es dann, dass die Madegassen alleine weiter machen können. Wenn sie es verinnerlicht haben, werden unsere Investitionen Früchte tragen. Eines Tages werden die neuen Anbaumethoden so selbstverständlich Teil der Madegassischen Kultur sein, wie das Speichenrad. Und auch in tausend Jahren werden sie noch von den Terrassen ernten und ihre Wälder nachhaltig bewirtschaften.

Und so bitte ich dich, uns zu helfen, die Arbeit bis dorthin zu tragen. Leiste einen finaziellen Beitrag oder helfe und in einem anderen Bereich. Werde teil von unserem Team, werde Teil von Permapartner – werde aktiv!

www.permapartner.org/selbst-aktiv-werden

Vielen Dank!

Euer Lukas