TENAQUIP (Teil 1)

Montag, 4.6.2018

Wir kommen gegen 10:00 in unserem gemieteten Kleinbus an der Schule an. Sogleich beginnen wir uns zu organisieren. Die Räume werden zugeteilt, wir richten uns ein und als der Jeep mit dem Werkzeug ankommt beginnen wir, die Werkzeuge vorzubereiten. Die Schubkarren müssen zusammen geschraubt werden, die Schaufeln brauchen ihre Stiele. Wir beginnen mit der Planung der Anlage und schnell entsteht ein Grundkonzept, welches wir morgen beginnen können umzusetzen.

Teambesprechung

Durch den Tag begleitet uns eine Photografin, welche für ein deutsches Magazin Aufnahmen macht. Sie ist anderweitig in Madagaskar und findet so die Zeit, unser Projekt aufzunehmen. Es freut uns, auf Interesse zu stoßen.

Dann gibt es ein reichhaltiges Essen und wir gehen früh Schlafen.

Dienstag, 5.6.2018

Zehn vor sieben stehen wir bereits im Garten und richten die Werkzeuge. Die ersten Eltern kommen. Jeden Tag werden es um die 80 sein. Sie kommen um zu helfen, als kleiner Beitrag dafür, dass ihre Kinder in die Schule gehen können. Im Gesamten bekommen wir so über 1000 Arbeitstage zusammen. Wir arbeiten am Morgen fünf Stunden und am Nachmittag nochmal knapp zwei. Dann nutze ich die Gelegenheit, den Eltern ein bisschen von den Hintergründen unserer Arbeit mitzugeben. Wie das ist mit den Wassersystemen, mit den ökologischen Kreisläufen und mit der guten Erde funktioniert.

Die Menschen haben hier in den letzten Jahrhunderten die Erde und die ökologischen Systeme auf einen lebensbedrohlich niedrigen Stand degradiert. Und so ist es nicht nur ein Herzensprojekt für die Kinder, sondern kann die Lebenssituation der Menschen hier deutlich verbessern. Zusätzlich zu den 80 Eltern kommen 50 potentielle Studenten. Junge Frauen und Männer zwischen 18 und 26 Jahren, aus welchen wir später die besten aussuchen werden. Eigentlich hatte ich nach 25 gefragt, nun kommen 50. Jean-Noel wird sie anleiten, sie bekommen die West-Ecke der Schule und bauen dort die ersten Terrassen und Swales. Swales, das sind Wassersickergräben, in welchen sich das Wasser sammelt und dann einsickern kann, dass von oberhalb des Hanges zu uns fliesst.

Im Hintergrung die abgeholzten, erodierten und trockenen Hänge. Das Nachbardorf mit seinen kargen Feldern drum herum. Im Vordergrund unser erster Swale und ein Trupp beim Bau von Terrassen.

Wir dimensionieren die Gräben so gross als möglich, um so viel Wasser wie möglich davon abzuhalten, direkt in die Flüsse abzufliessen. Wir wollen es festhalten, dass es langsam durch die Erde dringt und dann Quellen bildet. Diese Funktion übernimmt normalerweise der Wald mit seinem weichen Boden. In einer Situation der Degradation ist aber der Boden hart und sind die Gräben eine Möglichkeit – quasie eine Art erste Hilfe fürs Ökosystem – um die Bodenfeuchte und den hydrologischen Haushalt wieder herzustellen. Wasser ist der wichtigste Dünger und muss unbedingt gehalten und in den Boden gebracht werden. Öberflächenabfluss (welcher oft zu Erosion führt) sollte um alle Umstände vermieden werden, weil er sich negativ auf den Wasserhaushalt auswirkt und damit das Land austrocknet. Das gilt nicht nur für Madagaskar, sondern für die ganze Welt. Es gibt Berechnunen, dass der globale Wasserhaushalt noch vor 2025 zusammenbrechen kann. (-> mit dem Resultat eines spürbaren Klimawandels -> www.rainforclimate.org).

Mittwoch 6.6.2018

Hugh, unser stärkster Mann bekommt 50 Leute an seine Seite, welche wir zusätzlich einstellen. Es hat ein bisschen den Charakter einer kleinen Legion, nur, dass wir nicht zum töten aus sind, sondern um Leben zu ermöglichen. So arbeiten wir mit bis zu 180 Menschen gleichzeitig. Die Nordostecke gehört Hugh und seinem Trupp, dann folgen Naima mit 20 Leuten, welche einen grossen Schwimmteich für die Kinder bauen. Berthin übernimmt die Leitung von 15 Leuten, ein etwas kleinerer Teich unterhalb. Zusammen fassen sie über 500m³ Wasser, also eine halbe Million Liter, welches gleich wie in den Swales in die Erde einsickern kann. Die Teiche werden regelmässig trocken fallen, doch wenn die Landschaft einmal geheilt ist bleiben sie als Grundwasserteiche erhalten. Alles in allem werden wir bei jedem Regenfall mehr als eine Million Liter Wasser festhalten, Jährlich summiert sich das auf mehr als 40 Millionen Liter Wasser.

Lidia kommt aus dem Norden von Madagaskar, vier Studenten kommen aus der Gegend. Sie ist die einzige Frau im Kernteam, abgesehen von Sarah, und ich möchte sie von den harten Arbeiten fernhalten. Sie beginnt mit den Müttern den vorhandenen alten Garten der Schule auf die neuen Techniken anzupassen. Wir belassen es bei einem relativ kleinen Eingriff. Wir verdoppeln die kleinen Terrasse, in dem wir jeweils aus zwei Terrasen eine machen. Jede Terrasse erhält vertiefte Wege, welche sich mit Wasser füllen können. Regnet es, füllen sich die Wege. Ist eine Terrasse voll, überläuft sie in die nächste, Stufe für Stufe. So saugt sich der Garten bei Starkregen voll und das Wasser ist nicht verloren. Momentan ist Trockenzeit, die Erde staubig. Und es ist natürlich sehr abstrakt von Wasser zu sprechen. Wenn es dann regnet, wird es offensichtlich.

Lidia macht ihren Job sehr gut, die Mütter sind motiviert dabei und ich nutze die Gelegenheit, Ihnen den Zusammenhang von Biomasse, Regenwürmern und guter Erde zu erklären. Ich erkläre Ihnen, wie sie in Zukunft die harte Feldarbeit vermeiden können und ohne Bodenbearbeitung ihre Ernten einfahren können. Es macht grossen Spass, Menschen Wissen weiter zu geben, welches das Potential hat, ihr Leben positiv zu verändern.

Die Arbeiten gehen gut voran und am Abend unseres zweiten Arbeitstages sieht man schon ein gutes Ergebnis. Ich sehe auch, dass ich so langsam mit dem Schulhof beginnen muss. Ich arbeite mich von den Aussenbereichen langsam an das eigentliche Design heran. Die grösste Aufgabe steht noch bevor…