Das Team

Unser Team, das sind Dada Be, der Opi, Arsen, der Gehörlose, Berthain, unser Priester, der gerne wichtige Dinge erzählt und so zu seinem Spitznamen kam. Michelle, der grade Papa wurde und sein Kind nächste Woche zum ersten mal sehen wird (er ist heimgefahren, als seine Tochter aber als nicht kommen wollte fuhr er wieder zu uns – zwei Tage vor ihrer Geburt).

Lidia und Ravaka bringen weibliche Energie ins Team und übernehmen vor allem die Gärtner-Arbeiten. Sapi der stille junge aus Maevarova stellt sich immer wieder als zuverlässiger junger Mann heraus und Oliver, der lange Dünne, ist ein cleverer Gruppenführer, der eine sehr ordentliche Arbeit macht. Er beherrscht auch schon am besten die Zeichensprache von Arsen, den wir auch „Beresaka“ nennen – „den Geschwätzigen“. Schon eine Leistung für einen Taubstummen.

Arsen, Sapi und Olivier

Sobald es es Tag wird und seine Hände sichtbar sind, fuchtelt er die Worte nur so um sich, quiekt Freudig auf der Baustelle und wenn er ein hübsches Mädchen entdeckt. Den Mädchen, „Sipas“, ist er ständig hinterher, und scheint gut anzukommen. Auch Sarely, unser etwas tatriger Opi, hat noch ein aktives Liebesleben. Als einmal sein Telefon klingelt nimmt er mit den Worten „Salut Cherie“ freudig das Telefon ab. Alle freuen sich für ihn. Er, die zwei Frauen und Arsen machen die Gruppe Liebenswert. Wir sind nicht nur eine Gruppe junger Männer, was manchmal anstrengend und auch sehr vulgär werden kann, sondern wie eine Familie. Der Opa erfordert Fürsorge, Selbstlosigkeit und mitdenken. Die Frauen bringen die Schönheit und den Anstand, Arsen aber die Empathie. Einmal haben wir uns vor kurzem über Taubheit unterhalten. Etwas verwundert fragen mich die Jungs, warum den Arsen Quieken kann, wo er ja nicht redet. Ich erkläre ihnen das Krankheitsbild eines Tauben. Sie können nachvollziehen, dass Sprechen lernen nicht geht, wenn mensch nicht hören kann. Empathie ist sonst nicht die Stärke der Madegassen, wo sie eher Witze machen über Menschen die anders sind und über Probleme anderer.

Wir wohnen, leben, essen und arbeiten zusammen.

Dann gibt es noch Lahatra, ein junger Mann aus Ambohiborosy, wo wir den Schulgarten bauen. Er betreibt auch ein eigenes Landstück, ist Permapartner-Bauer und arbeitet als Gärtner im Schulgarten. Unsere Betsileo-Jungs Lead, Jean-Noel, Hugue und Naina zuletzt sind das Rückgrat des Teams. Bescheiden, fleissig, hilfsbereit und anständig. Sie sind in der Schule vor allem Facharbeiter, zuhause Permapartner-Bauern, studieren aber auch mit uns mit, wenn es die Zeit zulässt. Seit drei Jahren arbeiten wir zusammen. Sie sind am weitesten ausgebildet und bereit, selbstständig eigene Projekte zu realisieren. Das wird bei der Schule offensichtlich. Planung, Materialbeschaffung und Ausführung. Alles bekommen sie gut hin. Sie diskutieren auch immer am lebhaftesten, wenn es um Ausführungen und Arbeitsabläufe geht.

Und so gehe ich aus der Besprechung mit dem dem guten Gefühl, das Projekt langsam an die Madegassen zu übergeben. Nicht sofort komplett, aber Schritt für Schritt.

Die Arbeiten an der Schule kommen zu einem Guten Ende. Fast alle Terrassen werden mit Beeten fertig gestellt, gesät und gemulcht. Lidia und Ravaka machen da einen riesen Dienst. Hugue baut noch zwei grosse Wasser-Retentions-Becken in einen Erosions-Graben als kleinenBonus, weil er schneller fertig wurde. Jean-Noel baut einen grossen Fussball-Platz und einen tollen Vorplatz vor die Bühne, welche sich im hinteren Hof befindet. 400 Menschen finden nun gut Platz, wenn es Aufführungen und Feste gibt. Hunderte Kubikmeter Erde mussten dafür bewegt werden, das Ergebnis aber belohnt alle Mühen.

Bei unserem Amphietheater im linken Schulhof werden drei der vier Stufen fertig. Beim Haupteingang werden die sechs Stufen der drei grossen Segmente fertig, teilweise fehlen aber noch die Decksteine aus Granit. Die zwei Seitentreppen werden in die Erde geschnitzt. Die Arbeiten müssen zu einem späteren Zeitpunkt fertig gestellt werden. Die Treppe wirkt aber schon, der ganze Raum hat sich verändert in seiner Wirkung.

Über 800 Kubikmeter Wasser-Retentionsraum gibt es nun auf dem Schulgelände, wenn es im Jahr vierzig mal regnet um die Kanäle, Teiche und Becken zu füllen, dann sickern im Jahr rund 32.000.000 Liter Wasser ein, oder 20 tausend Kubikmeter. Das entspricht einem kleineren See, der jedes Jahr in der Erde gespeichert wird. Diese Technologie ist die billigste und effektivste Art der Wasserspeicherung, später werden bionische Pumpen (Bäume, Pflanzen) das Wasser hochpumpen und der Wasserspiegel in unseren Brunnen steigt an. Stetig wirkt auch das Kapillarsystem der Erde, haarfeine Kanäle, in denen Wasser nach oben wandert. Der Boden ist bereitet, nun warten wir auf die Regenzeit, um 6000 Fruchtbäume und 20.000+ Unterstützer-Bäume zu pflanzen.

Die grosse Treppe am Eingang.

Wir nutzen die grosse Tribüne und verabschieden uns offiziell bei den Eltern, welche so fleissig mitgeholfen haben. Über dreitausend Arbeitstage flossen in den Bau. Ich halte eine Ansprache. Zuerst mache ich Spässe und bringe die rund 200 Menschen zum lachen, dann finde ich ernste Worte: „…wenn ich auf mein Herz höre, dann frage ich mich, wer spricht. Ich glaube, Zanahary (Gott) spricht, wenn wir auf unser Herz hören. Alles was wir aus unserem Herz hören ist die Idee Gottes (eftra zanahary). So wie die Formen, welche in den letzten Wochen entstanden sind, welche wir alles so schön finden. Wir können sie nicht mit unserem Verstand bauen und nicht mit demselben verstehen. Sie kommen aus dem Herzen und werden mit dem Herzen verstanden…“ Schönheit und Harmonie wird von allen Menschen Verstanden, auch bei unterschiedlichem Geschmack gibt es etwas, was alle als schön empfinden. Als gut, als angenehm. „…wenn wir lernen auf unser Herz zu hören (miaino fo), dann lernen wir, Gott zu hören. Wenn wir Alkohol tinken, dann verstummt das Herz. Wenn wir böse werden. Wenn wir verletzt sind. Dann verstummt das Herz. Wenn wir aber wieder lernen, auf unser Herz zu hören, dann können wir Frieden für unsere Familien finden, dann können wir den Fihavanana wieder herstellen…“ Fiahavanana, ein sozialer Wert der Madegassen, welcher Frieden, Gerechtigkeit, Vertrauen und Ehrlichkeit beinhaltet. „…wir können den Fihavanana in unseren Dörfern wieder herstellen und lernen wie wir unsere Probleme lösen können. Wenn wir ehrlich auf unsere Herzen hören, dann finden wir alle Lösungen für unsere Probleme. Zanahary ist uns wohlgewollt.“

Was sich fast wie eine Predigt anhört ist eigentlich nur meine Erkenntnis über die letzten Wochen, Monate und Jahre. Was in Europa Sozialspychologie, Esoterik und dergleichen mehr wäre, findet in der Sprache der Madegassen einfache Worte – komplizierte Worte gibt es eher wenige hier draussen auf dem Land.

Einweihung der Tribüne und grosses Dankeschön an alle Helfer!

Am letzten Tag erledigen wir einige Restarbeiten an der Treppe, Sähen die letzten Terrassen, mulchen soviel wir Mulch finden können. Ich bedanke mich beim Küchenteam, welches in den letzten Wochen immer für uns da war. In dieser Schule herrscht ein sehr guter Zusammenhalt und ein tolles Gruppengefühl. Die Menschen sind füreinander da, relativ wenig wird intrigiert, die Gegegenseitige Unterstützung ist sehr stark. Einige der Lehrer sind sehr kritische Denker, hinterfragen die madegassische Tradition und die aktuelle Situation mit ihren Institutionen (Staat, Schulsystem, Kirche). Der Schuldirektor ist gerademal 28 Jahre alt und sehr motiviert. Ein cooler Typ. Dieses Team und die Gemeinschaft gibt mit Hoffnung, am richtigen Ort zu sein für diese Arbeit.

Die Werkzeuge am Ende ihres Einsatzes.

Wir räumem die Werkzeuge auf, schrauben die Schubkarren auseinander, verstauen alles fein säuberlich. Einen Teil der Werkzeuge verteilen wir an die Permapartner-Bauern der Region und an die Studenten. Startkapital für ihre eigenen Bauernhöfe. Dann verabschieden wir uns von allen, gehen schlafen um am nächsten Morgen sehr früh Richtung Andasibe aufzubrechen. Ein neuer Einsatzort wartet, eine neue Aufgabe, eine weitere Permakulturanlage.

Veloma Ambohiborosy – auf wiedersehen Ambohiborosy und bis bald!